Hartmetall-Werkzeuge und deren Anwendung

Einleitung

Die ständige Ausweitung der Stanz- und Umformtechnik hat auch dem Hartmetall in großem Umfang neue Anwendungsmöglichkeiten erschlos­sen. In vielen Fällen hat hierbei das Leistungsverhalten der Werkzeuge aus Hartmetall vor allem die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Verfahrens ent­scheidend beeinflusst.

Werkzeuge aus Hartmetall werden heute in allen Bereichen der Stanz- und Umformtechnik eingesetzt, vor allem wenn folgende Anforderungen vor­liegen:

  • hohe Stückzahlen oder große Zahlen von Produktionseinheiten (Stand­mengen, Standwege, Standzeiten, Standvolumina);
  • gleichbleibende Qualität der Produkte;
  • wirtschaftliche Fertigung.

 

Ihr Einsatz erfolgt im Regelfall in der Großserienfertigung, wo äußerste Beständigkeit gegen abrasive, adhäsive oder/und oberflächenzerrüttende Beanspruchung bei gleichzeitig hoher mechanischer Belastbarkeit gefor­dert wird. Ein typisches Beispiel für den High-Tech-Einsatz von Stanz­werkzeugen sind Chip-Fassungen aus einer Kupfer-Legierung.

Vielfach sind es aber auch andere Gründe, die den Einsatz von Hartmetall-Werkzeugen voraussetzen, zum Beispiel:

  • sogenannte exotische, austenitische Werkstoffe mit Aufschweiß­neigung;
  • Umformung im Grenzbereich der Festigkeitseigenschaften (Umform­grad, Ziehmodul);
  • hohe Maßhaltigkeit der Produkte; das heißt: geringste Auffederung bzw. Rückfederung der Werkzeuge.

Diesen Anforderungen werden meist nur Hartmetall- oder mit Hartmetall bestückte Werkzeuge gerecht, insbesondere dann, wenn sie mit dem zu verwendenden Werkzeug und mit den Zusatzeinrichtungen optimal ab­gestimmt sind, so dass das Ganze als integriertes Fertigungssystem wirkt.

Hartmetallzusammensetzungen

In den letzten Jahren hat sich das Sortiment der in der Stanz- und Umformtechnik verwendbaren Hartmetall-Varianten ständig erweitert. Zu den bisher eingesetzten Sorten sind neuentwickelte Fein- bzw. Feinstkornlegierungen hinzugekommen.

In Hochleistungswerkzeugen der Stanz- und Umformtechnik wird wegen der guten Zähigkeitseigenschaften überwiegend Hartmetall auf der Basis WC-Co eingesetzt.

ußer nach den Cobaltgehalten wird WC-Co-Hartmetall nach der WC-Korngröße unterteilt. Das Bild zeigt die Gefügeunterschiede von WC­Co-Legierungen mit unterschiedlicher WC-Kristallitgröße

Ultrafeinstkorn: mittlere Korngröße < 0,5 gm
Feinstkorn: mittlere Korngröße < 1,5 µm
Normalkorn: mittlere Korngröße – 1,5- 3 µm
Grobkorn: mittlere Korngröße – 3 -20 µm.

Im Stanz- und Ziehbereich ist ein deutlicher Trend hin zur Anwendung von Feinstkorn-Hartmetall festzustellen. Dagegen ist in den letzten Jahren, besonders bei hochbeanspruchten Werkzeugen der Massivumformung, ein deutlicher Trend hin zu Hartmetall mit gröberem Wolfram­carbidkorn und mittlerem Cobaltgehalt zu erkennen.

Bis zur Einführung von Feinstkorn-Hartmetall galt die Tatsache, dass mit abnehmender Kristallitgröße einer WC-Co-Legierung die Biegefestigkeit fällt und die Härte steigt. Bei Feinstkorn- und Ultrafeinstkorn-Hartmetall wird diese Gesetz­mäßigkeit durchbrochen. Bei diesen feinkörnigen WC-Co-Legierungen steigt nicht nur die Härte, sondern überraschenderweise auch die Biege­festigkeit mit abnehmender WC-Kristallitgröße an. In diesen Fällen ist das Hartmetall über das Sinter-HIP-Verfahren gefertigt, um so auch geringste Porositäten zu vermeiden. Ähnliche Ergebnisse erhält man auch, wenn gesintertes Hartmetall heißisostatisch nachverdichtet werden. Über die Vermeidung von Mikroporosität wird insbesondere bei cobaltarmen Hartmetall-Legie­rungen eine erhebliche Zähigkeitssteigerung erreicht.

Eigenschaften der verschiedenen Hartmetallsorten

Die Eigenschaften von feinstrukturiertem Hartmetall (Ultrafeinkorn und Feinstkorn) unterscheiden sich signifikant von den klassischen Hartmetall Sorten:

Mit fallender Korngröße steigt die Härte an, so dass das Feinst- und Ultrafeinstkorn-Hartmetall durch ihre hohen Härten auffallen. Die Härtesteigerung geht einher mit der Erhöhung der Koerzitivfeldstärke.

Die Biegebruchfestigkeit entscheidet in hohem Maße über das Einsatz- und Anwendungsprofil des Hartmetalls.

Eine kleinere Korngröße der Karbidphase hat bei gleichem Co-Gehalt eine Verringerung des mittleren feinen Abstandes der WC-Körner zur Folge. Eine Erhöhung der Biegebruchfestigkeit ist damit erreichbar.

Die Bruchzähigkeit des Hartmetalls verhält sich im gleichen Sinne wie die Biegebruchfestigkeit, mit fallen der WC-Korngröße steigt sie an. Es besteht also eine Korrelation zwischen WC-Korngröße, Koerzitivfeldstärke, Biegebruchfestigkeit und Bruchzähigkeit. Durch die Erhöhung der Feinstruktur tritt eine signifikante Steigerung der Bruchzähigkeit ein.

Verschleißfestigkeit: Mit sinkender WC-Korngröße steigen Härte und Festigkeit von Feinst- und Ultrafeinstkorn-Hartmetall und der Verschleiß durch Abrasion nimmt ab. Der härtere HM-Körper setzt dem Abrieb einen größeren Widerstand entgegen. Gleiches gilt für den Korrosionsverschleiß aufgrund der geringeren Bindemetallzwischenschicht zwischen den WC-Kristalliten.

Die Wärmeleitfähigkeit ist ebenfalls eine bedeutende Größe bei der Anwendung von Hartmetall. Mit fallender Korngröße der Karbidphasen nimmt auch die Leitfähigkeit für Wärme ab, und folglich werden derartige Werkzeuge und Werkzeugsysteme aus Hartmetall nicht mehr so hoch temperaturbelastet.

Anwendung

In allen anwendungsrelevanten Eigenschaften wie Härte, Zähigkeit, Festigkeit und Starrheit führt die feinere Struktur zu Verbesserungen. Dennoch kann nicht der Schluss gezogen werden, dass immer die Hinwendung zu feinstrukturiertem Hartmetall auch zu einer generellen Verbesserung der Einsatzergebnisse führt.

Die Feinstruktur-Hartmetalle haben breiten Einzug in die verschiedenen Anwendungsgebiete gehalten.



  • Bohren von hochfestem und gehärtetem Stahl
  • Bohren von hoch-Si-haltigen Al-Legierungen
  • Bohren von faserverstärktem Kunststoff
  • HSC-Fräsen
  • Schälwälzstoßen bei der Zahnradfertigung
  • Hartfräsen mit TiAlN-beschichteten FK-HM (200-350m/min; 0,1-0,2mm/U; 0,1mm)
  • VHM-Wälzfräser
  • Räumwerkzeuge
  • Papierschneidemesser
  • Printbohrer und Mikrofräser